Neurologie: Evozierte Potentiale

Neurologie: Apparative Untersuchungsmöglichkeiten in der Neurologie

Evozierte Potentiale

Dies sind elektrische Impulse, die aus der Tiefe des Gehirnes abgeleitet werden können und sie dienen der Untersuchung des Gehirnes und des Rückenmarkes.

Herleitung des Begriffes: aus dem Lateinischen von evocare , das bedeutet hervorrufen > E

potentia , das bedeutet Kraft > P Synonym: EP

Definition und Grundlagen:

Man bezeichnet gezielt ausgelöste elektrische Phänomene, die aus dem Nervensystem ableitbar sind als evozierte Potentiale, kurz EP (d.h. ausgelöste Impulsantworten).

Diese Untersuchungen arbeiten mit einem genau definierten Reiz, der ein ganz spezielles gut erforschtes Signal ins Nervensystem sendet. Die normalerweise immer gleiche elektrische Antwort des Nervensystems auf diesen speziellen Reiz kann dann an bestimmten Körperarealen abgeleitet werden. Am häufigsten werden so die elektrischen Antworten des Gehirnes auf bestimmte Reize in der Peripherie des Körpers oder über die Sinnesorgane untersucht. Daher sind die häufigsten verwendeten Ableiteort dieser elektrischen Antworten am Schädel. Diese entsprechen den Ableiteorten, die beim EEG (Elektroencephalogramm) benutzt werden.

Diese Untersuchungen bezeichnet man als eine  neurophysiologischen Untersuchungen, mit denen die Leitfähigkeit von Nervenbahnen untersucht werden kann.

Welche unterschiedlichen Evozierten Potentiale (EP´s) gibt es?

Durch gezielte Reizung der Augen oder der Ohren (Sinnesreiz) oder eines peripheren Nerven über elektrische Reizung bestimmter Hautstellen an z.B. Armen oder Beinen werden durch Reize elektrische Potentiale im Nervensystem erzeugt und zum Gehirn weitergeleitet. Diese führen in der Großhirnrinde zu Potentialänderungen, die je nach Art des Reizes an unterschiedlichen Stellen in der Großhirnrinde entstehend und mittels EEG-Elektroden dann abgeleitet werden können.

Man unterscheidet im Wesentlichen:

  • visuell evozierte Potentiale (VEP): hiermit lassen sich Schädigungen der Sehbahn feststellen
  • akustisch evozierte Potentiale (AEP): hiermit lässt sich die Leitfähigkeit des Nervus vestibulocochlearis (Hörnerv) prüfen
  • somatosensorisch evozierte Potentiale (SSEP): hierbei wird die Leitfähigkeit von peripheren Nerven bzw. Sensibilitätsstörungen objektiv geprüft

MEP´s (Magnetisch evozierte Potenziale):

Mit dieser Messung werden motorische Nervenbahnen, also Nervenbahnen vom Gehirn über das Rückenmark und die peripheren Nerven zum Muskel, in ihrer Leitungsfähigkeit bestimmt.

Neurophysiologische Grundlagen:

Da die evozierte Potentiale nur sehr niedrige Amplituden haben (Amplituden von 1–15 µV, also deutlich kleiner als die des spontanen EEGs, die ca. 50–100 µV betragen), müssen diese Signale aus dem sog. Grundrauschen der oberflächlichen Hirnaktivität der Großhirnrinde herausgefiltert werden. Dies ist nur mit hohem technischen Aufwand möglich und deshalb ist die Untersuchsdauer solchen Spezialuntersuchungen im Elektrophysiologischen Labor immer relativ lang und erfordert auch vom untersuchten Patienten sehr viel Geduld. Mittels der Computertechnik wird das zu findende Signal über einen sog. Statistischen averager (Mittler ) geschickt, der aus allen gleichzeitig an dieser Gehirnstelle ableitbaren Potentialen das evozierte Potential herausrechnet. Dabei wird bei dieser Untersuchungsmethode das als Reiz definierte Signal bis zu 1000 wiederholt und durch das Nervensystem gesendet, wodurch die gewünschte Impulsantwort (Potential) an der Ableitestelle immer wieder in kurzer Folge entsteht und abgeleitet werden kann (Mittelungstechnik) und damit der Reiz mehrfach dargeboten wurd, um ein akzeptables Signal-Rausch-Verhältnis und aussagekräftige Interpretation zu ermöglichen.

Bei dieser Untersuchung wird während der EEG-Ableitung der Patient bestimmten Reizen ausgesetzt und die Reaktion im EEG und hierbei vor allem die Latenz bis zur Reaktion im EEG gemessen. Je nach Reizart spricht man von visuell, akustisch, sensibel und magnetisch evozierten Potentialen. Bei den visuell evozierten Potentialen werden Schachbrettmuster oder Lichtblitze verwendet. Bei den akustisch evozierten Potentialen wird ein Ohr überschwellig mit einem Ton gereizt. Bei den sensibel evozierten Potentialen werden kleine Stromstöße verabreicht, die nicht schmerzhaft sind. Bei den magnetisch evozierten Potentialen wird das Nervensystem mitten magnetischen Implusen gereizt. Die evozierten Potentiale haben eine große Bedeutung in der Diagnostik der Multiplen Sklerose, bei Wirbelkanaleinengungen mit Rückenmarkserkrankungen . Hier findet sich typischerweise eine zentrale Leitungsverzögerung.

Ein weiteres Verfahren zur Untersuchung der vom Gehirn in die Körperperipherie ziehenden „Muskelbahnen“ die Pyramidenbahnen steht ebenfalls zur Verfügung. Hierbei handelt es sich um

MEP (Magnetisch evozierte Potenziale)
Mit dieser Methode können die Nervenbahnen mit denen die Muskelfunktion vom Gehirn aus gesteuert werden untersucht werden.

Definition:
Mit dieser Messung werden motorische Nervenbahnen, also Nervenbahnen vom Gehirn über das Rückenmark und die peripheren Nerven zum Muskel, in ihrer Leitungsfähigkeit bestimmt. So können zusätzlich zu den Messwerten der Elektroneurographie auch Einschätzungen zu den motorischen Nerven in Hirn und Rückenmark vorgenommen werden.

Funktionsweise:
Mit einer Magnetischen Spule wird ein Impuls über den Teilen des Gehirns oder der Rückenmarkabschnitte gesetzt, die im Körper für Bewegungen zuständig sind. Hierdurch wird eine Zuckung von Arm oder Bein ausgelöst. Die Zeit und das Ausmaß zwischen Stimulation und Zuckung werden mit Oberflächenelektroden über den peripheren Muskeln an den Extremitäten abgeleitet, dabei lassen sich Rückschlüsse über die Funktionsfähigkeit dieser peripheren und vor allen der zentralen Nervenbahnen (Pyramidenbahnen und periphere Nervenbahen des motorischen Systemes zu.

Ist diese Untersuchung unangenehm oder gefährlich?
Bei der Reizung des Gehirns wird eine Zuckung in einer Körperhälfte ausgelöst, die der Untersuchte nicht unterdrücken kann. Manche empfinden diese plötzliche unwillkürliche Bewegung als unangenehm. Schmerzhaft ist sie nicht. Die Untersuchung ist nicht gefährlich, lediglich bei Trägern eines Herzschrittmachers sollte sie vermieden werden, um den Schrittmacher nicht durch die Magnetwelle zu stören. Bei Patienten mit bekannter Epilepsie kann die Untersuchung durchgeführt werden, hier müssen aber besondere Vorsichtsmaßnahmen getroffen werden.